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Valparaiso

 

Der Tag begann so ganz normal und harmonisch, wurde dann einigermaßen aufregend und endete auf der Prefectura (Polizeistation) in Valparaiso – wobei wir auf den letzten Tagesabschnitt liebend gerne verzichtet hätten. Aber nun der Reihe nach: der Himmel war erstmals bedeckt – eigentlich ganz ideal für die weite Fahrt nach Valparaiso, die wir hauptsächlich auf Nebenstraßen bewältigen wollten. Neben der vielfältigen Landschaft, wollte ich heute vor allem all jene Kulturen fotografieren, die wir zwar in den letzten Tagen häufig gesehen hatten, aber nicht gleich bei einem  sofortigen Fotostopp fotografiert hatten. Zwiebel, Getreide, Melonen, Kürbis, Zucchini, Erdbeeren, Haselnüsse, Maroni, Orangen, ganze Täler nur mit Oliven, diverse Strauchobstarten, Föhren- u. Eukalyptuswälder, Schafweiden und nicht zuletzt die riesigen Solaranlagen. Wir erledigten dies, im wahrsten Sinn des Wortes im Vorbeifahren, hielten auch noch in den riesen Stauseegebieten, fuhren an San Antonio vorbei – hier war für uns einfach zu viel los – die riesigen Containerlager die Beate da im Hafenbereich fotografierte, habe ich in dieser Dimension weder in Hamburg noch in Rotterdam jemals gesehen. Wir fuhren weiter nach Isla Negra – einem idyllischen Küstenort und ehemaligen Wohnort von Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda – bestaunten die bis zu 7 m hohen Wellen die vom Pazifik hereinbrachen und genossen einen herrlichen Kaffee im „Cafe house“ – sogar mit Schlagobers.

 

Weiter durch zwar trockene, aber trotzdem sehr beeindruckende Landschaften fuhren wir dann nach Valparaiso. In und in der näheren Umgebung der Stadt lebt knapp 1 Million Menschen und der Hafen der Stadt ist neben dem Hafen von San Antonio der bedeutendste von ganz Chile. Die Stadt erstreckt sich über zwei Ebenen und um von der unteren Ebene auf die obere zu gelangen, muss man echt steile Straßen überwinden – manchmal dachten wir, jetzt ist es so steil, dass wir gleich nach hinten kippen, aber auch diesen Teil der Reise bestanden wir – wie wir zu diesem Zeitpunkt noch dachten - vorerst unbeschadet.

 

Während der Fahrt nach oben merkte ich plötzlich, dass wir links hinten Luft im Reifen verlieren, aber da wir schon die Zielflagge im Navi sahen und ich – wegen der extremen Steigung – gar nicht halten konnte, fuhr ich einfach weiter. Wir erreichten unser Hotel aber die Straße war zu steil zum Reifenwechsel und ein „freundlicher“ Chilene erklärte uns, dass gleich um die Ecke eine Werkstätte sei. Also fuhren wir 200 m weiter – samt Patschen – fanden zwar keine Werkstätte aber zumindest ein ebenes Plätzchen zum Reifenwechsel. Ein weiterer, sehr freundlicher, gut gekleideter Jugendlicher kam „zufällig“ vorbei und bot seine Hilfe an. Wir lockerten die Schrauben und bevor ich noch das Reserverad herunternehmen konnte, war er kurz weg um sich nach den Öffnungszeiten der Werkstätte (es war rund 5:30 p.m am Freitagnachmittag) zu erkundigen. Ich hob inzwischen das Auto mit dem Wagenheber auf und wir hievten das Reserverad gemeinsam auf die Narbe. Beate war fast die ganze Zeit im Auto und stieg nur ganz kurz aus um mir die Warnweste zu bringen – dies sei Vorschrift – sie blieb dann noch einen Moment bei uns (die Autotür hatte sie zuvor geschlossen, aber leider nicht abgesperrt). Während wir links hinten arbeiteten hat jemand rechts vorne die Tür geöffnet und Beates Tasche inklusive Fotoapparat gestohlen. Sämtliche Dokumente, alle Bankomatkarten und die Visakarte tragen wir ständig am Körper, sodass sich der Schaden auf die fast leere Tasche und Beates Nikon (der Einschalthebel kann jeden Moment den Geist aufgeben nach mehr als 70.000 Auslösungen, nur um das kleine Zoomobjektiv und die zwei 64 K Speicherkarten mit unseren tollen Bildern von heute, tut uns wirklich leid) beschränkt. Auf dem Weg zur Polizeidienststelle haben wir dann die ganze Sache rekonstruiert und sind draufgekommen, dass bei der letzten Ampel unten ein Mann wild an der Beifahrerseite gestikuliert hat und ich links hinten jemanden huschen sah, der offensichtlich unsern Reifen beschädigte und oben, nach der ganz steilen Stelle hat der „freundliche“ Chilene dann schon auf uns gewartet.

 

Die Leute im Hotel sind zwar wieder ganz freundlich, das Essen mit Sicht auf die Bucht, den Hafen und die Skyline vom Restaurant des Hotels wirklich toll, aber trotzdem kann ich nur jedem raten, in dieser Gegend besonders vorsichtig zu sein, wenn man im eigenen Auto reist. Offensichtlich sind wir hier einer organisierten Gang in die Hände gefallen, die das Mietwagenloge an unserem Auto sah und loslegte.

 

 

 

Schade nur, um unsere vielen bisherigen netten Begegnungen mit Chilenen, nach den heutigen Erfahrungen werden wir in weiterer Folge wesentlich reservierter in Kommunikation treten. Vor allem um das tolle Foto von heute, dass Beate beim Straßenkauf von köstlichen Erdbeeren von mir und einer rassigen und herzlichen Chilenin machte, tut uns besonders leid.